
Fit für Tennis Borussia
Leicht hat man es als TeBe-Fan nicht: Zuerst brannte wenige Tage nach dem Spiel gegen Blau-Weiß 90 die Klubhütte mit vielen Vereinsdevotionalien ab. Einige Wochen später setzte sich dann Vereinschef Jens Redlich bei einer Versammlung mit seinen Leuten durch. Der kam schon seit längerer Zeit nicht gut an bei den besonderen Anhängern von Ex-Bundesligist Tennis Borussia.
Berliner Presse sieht Untergang der Demokratie
Nun wurde über den Hauptsponsor, Geschäftsführer einer Fitness-Kette, des Oberligisten auch von der Hauptstadt-Presse nicht gerade zurückhaltend berichtet. Im Schnellverfahren soll er für neue Mitglieder gesorgt haben, um diese (Nach-) Wahl des Aufsichtsrats so zu beeinflussen. Tatsächlich wurden auch nur Vorschläge per Abstimmung akzeptiert, die der Pro-Redlich-Seite angehören. Ja was hat man denn erwartet? Dass Redlich sich seinen Rauswurf in aller Ruhe ohne Hintergedanken und Vorbereitung ansieht? Der „Tagesspiegel“ sprach sogar von einer Art Untergang des Demokratiegedankens bei der Art wie die Versammlung ablief. Diese Position kann wohl nur vertreten, wer selbst ausschließlich im Schwarz-Weiß-Denken verortet ist. Der „Berliner Zeitung“ und den speziellen Anhängern des Klubs soll Redlich nun eine Abkehr von jeglicher Fußballromantik empfohlen haben. Dabei könnte es überall auch Zwischentöne geben. Dann müsste der Mensch als solcher sich aber rasch ändern. Beginnen könnte man schon mal mit der Kündigung des Sky-Abos. Ob das viele wollen?

Freude bei TeBes Mannschaft nach dem Sieg gegen Blau-Weiß 90 (Foto: Toebs)
Fußball nur für echte Fans?
Einen Verein, in dem die Fans die komplette Deutungshoheit haben, hat es meines Wissens selbst zu besten Zeiten auch beim FC St. Pauli nie gegeben. In unteren Ligen, bei Vereinen mit einem besonderen Anspruch, mag es bis zur 6. Klasse irgendwie gehen. Beispiele in Berlin sind der FC Internationale, der mit seiner ersten Mannschaft aber auch schon bessere Zeiten sah, sowie weiter unten frühere Freizeitmannschaften wie Polar Pinguin. Hier mag all das funktionieren, was sich die „Hardcore-Anhänger“ bei Tennis Borussia so sehr wünschen. Fußball wie er einmal gewesen sein soll…In England ist das ja auch seit einiger Zeit wieder in aller Munde. Hier sind es die Anhänger von AMF (against modern football), die den Kommerz bei Chelsea, Manchester und Co nicht mehr ertragen können.
Frühere Investoren hinterließen Scherbenhaufen
Ich habe in den Zeiten der „Göttinger Gruppe“ auch zu den Besuchern der Spiele im Mommsenstadion gehört, die sich von der Beschallung über die Lautsprecher nicht irreführen ließen. Vorgetäuscht werden sollte ein stimmungsvolles Stadion bei diesen Zweitliga-Begegnungen. TeBe war damals in der Lage, mehr Gehalt zu zahlen als etwa Eintracht Frankfurt. Auch der sogenannte „Weiße Brasilianer“, Ansgar Brinkmann, soll verwundert seinen Kontoauszug nach dem ersten Eingang der Zahlungen nach seinem Wechsel zum Berliner Klub betrachtet haben. Tatsächlich waren die einzigen Stimmungsaufheller in diesen Partien Artisten der UFA-Fabrik, die zwischendurch ihre Trommeln schlugen. Wo das Ganze endete ist, bekannt. Sportlich und am Ende auch finanziell blieb nichts als ein Scherbenhaufen. Dabei sollte die 2. Liga nur eine Durchgangstation zum internationalen Fußball sein. Eine Menge Konflikte bei Tennis Borussia, schon damals.

Sponsor und Vorsitzender Jens Redlich freut sich

Klare Worte von TeBe-Fans
Sponsoren und ihre Visionen
Die Befürchtungen der „Aktiven Fans“ sind also nicht von der Hand zu weisen. Jegliche finanzielle Unterstützung von Einzelnen bringt diese Nachteile der Überschätzung und der Dominanz von Irrlichtern mit sich, egal wo. Der heutige Vorstandsvorsitzende mit dem mächtigen Ego, der aktuell allein das Sagen hat, muss auch nicht vergöttert werden. Was da genau für Eitelkeiten bei allen Beteiligten Einfluss nehmen, ist für Außenstehende sowieso nicht zu durchschauen. Redlich und sein Engagement zeigen aber etwas, das die Anhänger nicht beachten wollen. Er hat eine Vision- so wie auch die Klubchefs von Regionalligist Viktoria 89 sie hatten. Auf deren aktuelles Insolvenzverfahren will ich nicht eingehen. Sonst müsste jetzt vielleicht sogar noch etwas über 1860 München hier stehen. Das wäre dann zu bayrisch.
Ein Teufelskreis
Auch andere Vorstände von Oberligisten über Hertha 06 (auf dem Titelfoto der 1. Vorsitzende Ergün Cakir mit Jens Redlich), Hertha 03 und Blau-Weiß 90 haben von Anfang an mit den Kosten eines überregionalen Auftritts ihrer Teams gerechnet. Wo soll das Geld herkommen, wenn nicht von den wenigen, meist älteren, dann auch oft noch sozialromantischen Mitgliedern? Ein Teufelskreis. Gar nichts zu wagen, und sich dafür in der Berliner Landesliga oder eben der Verbandsliga auf ewig einzurichten, ist aber auch nicht für alle ein Wunschtraum. „Lebe geht weiter“…das sagte einmal ein anderer Hesse als Bundesliga-Trainer. Auch Tasmania und Blau-Weiß 90 tauchten irgendwann- sogar mit den alten Namen- wieder auf.
Klubchef Redlich soll nach eigener Aussage etwa 2,5 Millionen Euro bis zum Ende der Spielzeit 2019 in den Sehnsuchtsverein der Fans investiert haben. Wer kann da so einfältig glauben, Fußballidealisten und ihre Sammlungen allein können für diese Oberliga-Gehälter aufkommen? Immerhin ist TeBe zur Zeit an zweiter Position mit guten Aufstiegschancen. Die Regional-Liga wäre dann schon wieder die höhere Hausnummer. Damals waren es Millionen und heute treten Spieler wie der Ex-Unioner „Fußballgott“ Karim Benyamina, der Mittelstürmer, auch nicht für weniger als ein paar Tausend pro Monat gegen den Ball. Redlich sieht sich selbst übrigens nicht als Investor, eher als Sponsor.
Fußball für ein Mittagessen?
Mich stört das weitere Vordringen des Geldes in alle Bereiche auch. Wo sind denn aber die Spieler, die für ein Mittagessen und gute Kameradschaft mindestens viermal wöchentlich trainieren? Tatsache ist: Ohne gutwillige „Zahlmänner“gibt es noch nicht einmal die Berlin-Liga frei Haus. Von ganz wenigen Ausnahmen vielleicht abgesehen. Das ist schon zu oft kritisiert worden, als dass man es hier noch detaillierter kommentieren müsste. Nur noch eines: Spiele mit gut ausgebildeten Akteuren, die mehr können, als den Ball wegschlagen, sieht man doch als Fußballbegeisterter lieber als Partien der Kreisliga B mit hüftsteifen Innenverteidigern, oder? Ein Gesamtpaket, Sponsoren, die man nicht sieht, Mannschaften mit Erfolg und Fankultur wie vor 40 Jahren, wird kaum allein für und auch nicht ohne Geld zu haben sein.
Tennis Borussia II- Eine Alternative
Ist der Konflikt überhaupt zu verdrängen? Ich befürchte weiter nein! Beinahe unversöhnlich stehen sich in Charlottenburg die Lager gegenüber. Auch Handgreiflichkeiten soll es am Abend der Versammlung gegeben haben. Ohne Sarkasmus, der mir hier zum Vorwurf gemacht werden könnte, denke ich, dass die enttäuschten TeBe-Anhänger auch den guten alten Amateurgedanken und die bessere Welt bei der Mannschaft von Tennis Borussia II finden könnten. Im Moment Tabellenführer in der Bezirkliga, 3. Abteilung.